FOUDRAINE, Jan: Wer ist aus Holz? [Psychose und Trauma; Sachbuch]
Jan FOUDRAINE: Wer ist aus Holz?
Neue Wege der Psychiatrie
(München 1973 und später)
Der "wissenschaftliche Erfahrungsbericht" eines holländischen Psychiaters, der sich konsequent dem Selbstempfinden von PatientInnen mit "chronischer Psychose" geöffnet hat. Nach Foudraine sind die sogenannten Geistesgestörten "Lautsprecher, aus denen die Leiden unserer Zeit vielleicht am deutlichsten wiederhallen". Anhand genau beschriebener Fallvignetten und therapeutischer Beziehungen zeigt er, wie durch eine festgefahrene Etikettierung nach Krankheitssymptomen schockierende Fehldiagnosen entstehen. (Siehe auf dieser Liste: STEIN, KEMPKER.)
Nicht zuletzt untermauern seine Darstellungen die Hypothese, daß auch bei Menschen mit Psychosen psychische Traumatisierungen in der Kindheit und Jugend zumindest Mitursache sein können. (Siehe auch auf dieser Liste: das Referat von Gertrud Hardtmann in: STREECK-FISCHER.)
"Wer ist aus Holz?" ist daneben ein mitreißend geschriebenes Lehrbuch zur Geschichte der Psychotherapie bei Psychosen (bis zum damaligen Zeitpunkt). Das Buch hat (ebenso wie die Arbeiten von BENEDETTI, SIIRALA und LAING, auf die es sich zustimmend bezieht) seinerzeit wesentlich beigetragen zur Sensibilisierung weiter Kreise für die subjektive Wahrheit von Menschen mit Psychosen (wo heutzutage u.a. Therapeuten-Autoren wie Thomas BOCK weitermachen). Bei seinen Psychiater-Kollegen hat Foudraine sich sehr unbeliebt gemacht, wohl vor allem wegen seiner unverblümten, fachlich aber nuanciert begründeten Kritik an der klinischen Praxis (die leider noch immer oft relevant ist). Auch der Optimismus, mit dem er therapeutische Beziehungen selbst mit langzeithospitalisierten PatientInnen für möglich hält (und aus eigener Erfahrung schildert), kam bei den Profis nicht gut an.
In informellen und relativ offenen Gesprächen, die ich während der Arbeit in der Akutpsychiatrie mit psychotischen PatientInnen führen konnte, wurden bei zunehmendem Vertrauen ausnahmslos traumatische Lebensumstände in Kindheit und Jugend zumindest angedeutet. – Für mich gehören Menschen mit Psychosen ohne Einschränkung zum Arbeitsgebiet Traumatherapie.
> (Siehe auf dieser Liste: SIIRALA, LAING, LÜTTICHAU.)