HERMAN, Judith L.: Die Narben der Gewalt [Sachbuch]
Judith L. HERMAN: Die Narben der Gewalt. Traumatische Erfahrungen verstehen und überwinden
(Berlin 1994; Neuauflage mit Nachwort der Autorin von 1997: Paderborn 2003)
Grundlagenwerk zu diesem Thema und unverzichtbar für alle, die professionell oder als HelferIn/BegleiterIn mit komplexer Traumatisierung zu tun haben. Gängige diagnostische Kategorien berücksichtigen im Allgemeinen zu wenig, was es bedeutet, wenn ein Mensch Opfer geworden ist. Herman interpretiert Symptome wie therapeutische Ansätze konsequent vom Blickwinkel der individuellen Erfahrung aus. Andererseits zeigt gerade sie strukturelle Zusammenhänge zwischen privater und öffentlicher/gesellschaftlicher/politischer Gewalt auf. – Im Mittelpunkt der therapeutischen Unterstützung steht für Judith Herman die Wiederherstellung menschlicher Verbundenheit und Handlungsfähigkeit. Dies beginnt bei der Bereitschaft der Therapeutin/des Therapeuten, genau und mit innerer Beteiligung zuzuhören.
In ihrem Nachwort von 1997 warnt die US-Psychiaterin, daß durch das zunehmende Interesse einer neuen Generation von Grundlagenforschern, "(...) die von einer abstrakteren wissenschaftlichen Neugier getrieben werden", "integrative Konzepte und kontextuelles Verständnis psychischer Traumata verlorengehen könnten". Es besteht auch die Gefahr, "daß sich die Forschung auf eine verengte, vorwiegend biologische Perspektive fixiert".
Das Werk setzt keine psychologischen Fachkenntnisse voraus und eignet sich hervorragend als allgemeine Einführung in die unterstützende/therapeutische Arbeit mit Überlebenden traumatischer Erfahrungen.