SCHUSTER, Helga Maria: Meine kaputte Seele und Ich [Autobiographischer Fallbericht]
SCHUSTER, Helga Maria: Meine kaputte Seele und Ich
(Frankfurt/M. o.J [2007])
Die Autorin schildert die ersten 40 Jahre ihres Lebens als auch für den Leser qualvoll ermüdende Wüstenei aus menschlicher Leere, Trägheit des Herzens und emotionaler Unterdrückung in der Familie. Sie funktioniert, ständig getrieben von Schuldgefühlen und im steten Zwang zu Dankbarkeit und Unterwerfung unter die Wünsche ihrer Umwelt. Aber warum? Bewußt ist Helga Maria Schuster zweierlei: daß sie adoptiert worden war, und daß sie ab dem 12. Lebensjahr von einem Schwager und dessen Sohn über eine gewisse Zeit sexuell mißbraucht wurde.
Es gelingt Frau Schuster, ihre LeserInnen dann teilnehmen zu lassen an den winzigen Schritten zur Aufdeckung ihrer Lebensgeschichte, seit 2001, etwa ab dem 40. Lebensjahr. Indem sie einen Auslöser ernst nimmt und seinen Sinn hinterfragt, erkennt sie, daß sie bereits im 4. Lebensjahr, während eines Krankenhausaufenthalts, sexuell mißbraucht wurde. Ihr Wissen um den Mißbrauch im 12. Lebensjahr hatte also als Deckerinnerung fungiert, als Propfen, der die jahrzehntelange Abspaltung der früheren Traumatisierungen erleichterte. Jedoch waren auch die sexuellenTraumatisierungen in der Familie, zum späteren Zeitpunkt, umfassender, als ihr all die Jahre bewußt war. Auch die konsequente Unterdrückung und Mißachtung durch die beiden wesentlich älteren (Stief-)Schwestern wird Frau Schuster erst in dieser Zeit bewußt.
Aufgrund der offensichtlich seit der Kindheit verankerten Botschaft der eigenen Nichtswürdigkeit und die entsprechenden Lebenserfahrung (im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeiung) kam professionelle therapeutische Unterstützung für Frau Schuster nie infrage. Dieses Buch (erschienen in einem Druckkostenverlag) ist offensichtlich bedeutsames Moment der Eigentherapie. Es zeigt deutlicher als andere Veröffentlichungen einen jahrzehntelangen Alltag im Zustand der nahezu vollständigen dissoziativen Abspaltung (als ANP, im Sinne der Strukturellen Dissoziation). So, wie es Frau Schuster ging, geht es tausenden von Traumaüberlebenden, - und in diesem Bericht wird nachvollziehbar, wie schwer es ihnen fällt, sich überhaupt nur auf die Suche nach professioneller Unterstützung zu machen!