BESEMS/VAN VUGT: Wo Worte nicht reichen [Gestalttherapie mit Inzestbetroffenen]
Thijs BESEMS / Gerry van VUGT: Wo Worte nicht reichen – Therapie mit Inzestbetroffenen
(München 1990)
Schwerpunkte dieses gestalttherapeutisch orientierten Ansatzes sind nonverbale Selbstwahrnehmungs- und Ausdrucksmöglichkeiten sowie körpertherapeutische Interventionen (dies mit Therapeut und Therapeutin gemeinsam!). Da das Verhalten von sexuell mißbrauchten Menschen großenteils orientiert ist an dem Verbot, eigene Bedürfnisse zu äußern (bzw. ihrer Abspaltung), richtet sich die Aufmerksamkeit bei Besems/van Vugt vorrangig auf solche unterdrückten Bedürfnisse. Die Phase der traumatherapeutischen Abreaktionen orientiert sich konsequent an den individuellen Schritten der Klientin/des Klienten auf diesem schmerzhaften Weg, schlimme Erfahrungen/Gefühle ins Bewußtsein hier & heute zu integrieren, - um sie erst auf diese Weise zuletzt hinter sich lassen zu können. Einen besonderen Stellenwert hat auch der nicht nur bei den Betroffenen selbst, sondern häufig auch bei TherapeutInnen tabuisierte Umstand, daß bei Inzest/sexueller Gewalt neben den schlimmen oft zugleich auch angenehme Gefühle entstanden sind. Gerade sie tragen wesentlich bei zu den schwer aufzulösenden Schuldgefühlen der Opfer.
Es wird deutlich, daß Traumatherapie sich durchgängig an individuellen Heilungs- und Wachstumsprozessen ortientieren muß, die ihre innere Zeit benötigen. Schematisches oder gar forciertes "Abarbeiten" gleichwelcher therapeutischer Methoden lenkt die Betroffenen ab von ihren individuellen Lebenskräften; es trägt bei zur weiteren Selbstentfremdung. Schlimmstenfalls kommt es zu neuer seelischer Verletzung. –
Mir ist kein traumatherapeutischer Ansatz bekannt, der ähnlich nuanciert und vielschichtig die individuell gewachsene Ganzheit ("Gestalt"!) der KlientInnen zum Mittelpunkt der gemeinsamen Arbeit macht, - ihre affektive, leibliche, seelische und kognitive Selbstwahrnehmung!
Setzt keine Fachkenntnisse voraus, auch keine im Bereich Gestalttherapie..
Apropos: Ich konnte mit gestalttherapeutischen Fachbüchern bisher noch nie etwas anfangen, weil mir das alles zu konstruiert erschien. Deshalb möchte ich hier nur hinweisen auf eine Veröffentlichung, der ich mich bisher nicht unterzogen habe:
Heide Anger/Peter Schulthess (Hrsg.): Gestalt-Traumatherpie (2008)