LUNCH, Lydia: Paradoxia [Belletristik, autobiografisch]
Lydia LUNCH: Paradoxia. Tagebuch eines Raubtiers
Dies.: Belastende Indizien. Tiraden – Monologe – Stücke
(beide Bremen 2000)
Lydia LUNCH: CRIMES AGAINST NATURE
(CD: 51157-2/Triple X Records 1994)
Dies.: MATRIKAMANTRA
(CDHW 050/ Crippled Dick Hot Wax 1998)
'Tagebuch eines Raubtiers' ist der autobiografische Roman einer frühtraumatisierten Frau, die versucht, "das Messer umzudrehen" und sexuelle Gewalt, wie sie ihr als Kind angetan wurde, als Erwachsene scheinbar selbstbestimmt zu suchen bzw. selbst auszuüben. In äußerster Direktheit berichtet sie von ihrer Höllenfahrt durch Drogenerfahrungen und – teilweise selbstinszenierte – sexuelle Gewalt.
Lydia Lunch ist es gelungen, solche Selbstbefreiungsversuche im Laufe von Jahren hinter sich zu lassen und als Künstlerin (Musikerin, Schauspielerin, Performance-Akteurin, Schriftstellerin) Lebensmöglichkeiten für sich zu finden. (Sie tritt oft auch beim Leipziger WaveGothicTreffen auf.)
Ihr Buch zeigt den Weg durch eine Hölle, aber es ist bestimmt von der Suche nach Möglichkeiten, Menschen zu lieben und sich selbst zu lieben. –
Ich sehe in Lydia eine Borderline-Frau, die (ähnlich wie Janis JOPLIN und sicher viele andere) jenseits von Psychotherapie/Psychiatrie einen eigenen Weg gesucht hat. Es scheint, daß Lydia Lunch (als eine von wenigen) traumatisches Leid dabei tatsächlich umwandeln konnte zunächst zu Wut, Empörung und Trauer und von daher zu sozialem (künstlerischem) Engagement.
Mit einer Sensibilität, die wohl nur aus tiefsten Verwundungen erwächst, stellt sie Menschen in ihrer seelischen Zerrissenheit dar in einer Tiefe und Wahrheit, die in psychologischen Fachbüchern kaum zu finden ist.
'Belastende Indizien' enthält kürzere Texte. In den meisten setzt sich die Autorin – in ganz verschiedener Weise – auseinander mit Mißbrauch, Gewalt, Sex.
Auf den CDs rezitiert Lydia Lunch eigene Texte ("spoken words"), teilweise mit Musik.
Traumatisierten Menschen sind die Bücher und CDs von Lydia Lunch aufgrund der Fülle von möglichen Auslösern nicht zu empfehlen!!!
>Siehe die Liste "KünstlerInnen mit mutmaßlichen Traumatisierungen in der Kindheit"
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Lydia Lunch in einem Interview 2014:
MusikBlog: Dein autobiographischer Roman “Paradoxia” steht auf der Literatur-Liste der Trauma Beratung Leipzig. Ich zitiere: “Mit einer Sensibilität, die wohl nur aus tiefsten Verwundungen erwächst, stellt sie Menschen in ihrer seelischen Zerrissenheit dar in einer Tiefe und Wahrheit, die in psychologischen Fachbüchern kaum zu finden ist.”
Lydia Lunch: Oh wow! Toll! Bitte schick mir den Link! Da hat mich jemand in Leipzig verstanden! Die haben ja dieses Gothic-Festival.
MusikBlog: Gleichzeitig steht in dem Text: “Traumatisierten Menschen sind die Bücher und CDs von Lydia Lunch aufgrund der Fülle von möglichen Auslösern nicht zu empfehlen!!!” Lob und Warnung zugleich. Fair?
Lydia Lunch: Also, ich finde, meine Arbeiten sind vor allem für Traumatisierte. Ich habe mich immer als Sprachrohr für Leute gesehen, die keine Stimme haben. Als Stadt-Schreierin, als Nostradamus für Außenseiter, die durch das Leben, durch das Wirtschaftssystem, durch Religion oder durch häuslichen Missbrauch traumatisiert wurden. Die Warnung sollte sich eher auf normale Leute beziehen. Die sollten meine Bücher nicht lesen und meine Musik nicht hören!
MusikBlog: Für viele Frauen im Underground warst du eine große Inspiration.
Lydia Lunch: Für mich ist es die schönste Erfahrung, wenn einzelne Individuen, egal welchen Geschlechts, auf mich zukommen und mir sagen, dass irgendwas, was ich gemacht habe, ihnen durch den Tag geholfen hat.
Link zur Quelle (www.musikblog.com)