ORBAN, Peter: Psyche und Soma [Frühkindliche Traumata; Fachbuch]
Peter ORBAN: Psyche und Soma.
Über die Sozialisation des Körpers
Mit einem Nachwort von Tilmann Moser
(Wiesbaden 1981; Neuauflage Frankfurt/M. 1988)
Dem Bemühen um Verständnis und Hilfe für frühtraumatisierte Menschen könnte eine von Peter Orban konzipierte Hypothese dienen, nach der sehr frühe Traumatisierungen grundsätzlich als gesamtorganismisches Geschehen zu verstehen sind. Orban ergänzt die meist vorrangig auf den sensomotorischen und kognitiven Aspekt bezogene Entwicklungspsychologie der ersten Lebenszeit um entsprechende neurophysiologische/-psychologische Forschungsergebnisse und geht davon aus, daß frühkindliche Traumata als schlimmste körperliche Schmerzen erlebt werden und – da es noch keine psychische Instanz gibt, durch die sie in symbolisierter Form integriert werden können – als "nackter Terror" (S. 115) auf das Körpersystem treffen und dort (wenn auch unspezifisch und diffus) alle weiteren Entwicklungsvorgänge beeinflussen. – Zu entsprechenden Ergebnissen kommen auch neuere Forschungen, siehe hier auf der Liste: van der KOLK, ROTHSCHILD.
Orbans Arbeit ist ein (m.E. noch immer nicht hinreichend gewürdigter) Beitrag zum Verständnis für den universalen Herstellungsprozeß lebendiger Strukturen (siehe u.a. F.CAPRA: Lebensnetz). Implizite Zusammenhänge bestehen auch zu SCHELLENBAUM (auf dieser Liste).
"Es kann nach seiner Lektüre niemand mehr sagen, er habe 'es' nicht gewußt. (...) Die tiefe Verankerung der meisten seelischen Störungen im Körper; die Schwierigkeit, die basalen Störungen auf der rein sprachlich-symbolischen Ebene zu erreichen; die Gefahr, die Störungen durch deren Bearbeitung auf der 'third line', also der sprachlich gefaßten Ebene, zu verschleppen und zu konservieren, weil sie die Sprache nutzen können, um sich zu maskieren. Es gibt in der Tat nicht wenige Störungen, bei denen die Psychanalyse die sichere Form der Abwehr einer wirklichen Heilung bedeutet." (Tilmann Moser im Nachwort)
Das Buch ist nicht leicht zu lesen; es setzt fundierte Fachkenntnisse voraus.