ARBEITSKREIS DER BISTÜMER (Hrsg.): Rituelle Gewalt. Das (Un)heimliche unter uns
Arbeitskreis Rituelle Gewalt der Bistümer Osnabrück, Münster und Essen (Hrsg.):
Rituelle Gewalt. Das (Un)heimliche unter uns
(Münster 2014)
AutorInnen unterschiedlicher Fachgebiete (sowie Betroffene) geben in diesem Band Einblick in ein Thema, das zwar gelegentlich in den Medien ausgeschlachtet, jedoch fachlich nach wie vor wenig beachtet wird. Die Veröffentlichung kann beitragen zur seriösen öffentlichen Information und ergänzt die vorliegenden psychotherapeutischen Fachbücher in empfehlenswerter Weise. Sie eignet sich gut als Einstieg in die Problematik für MitarbeiterInnen psychosozialer Beratungsstellen, Jugendämter, Psychiatrischer Krankenhäuser sowie für ErzieherInnen und LehrerInnen sowie – nicht zuletzt: für JournalistInnen.
Für mich besonders lesenswert waren unter den 25 Beiträgen die folgenden:
- Anne – Eine Überlebende berichtet auch für Außenstehende nachvollziehbar von ihrem erfolgreichen Ausstieg aus der Gewalt der Täter.
- Marie Mahtoni – Ebenfalls eine Überlebende, die nuanciert, aber ebenfalls auch für Außenstehende nachvollziehbar beschreibt, auf welche Weise "Programmierungen" durch die Täter ablaufen, und wie all das Schreckliche durch ein nach außen "ganz normales" Familienleben kaschiert sein kann.
- Andrea H. – Die Partnerin einer von Ritueller Gewalt betroffenen Frau mit DIS berichtet.
- Claudia Fischer – Eine Journalistin äußert sich zu ihren Recherchen zum Thema Rituelle Gewalt.
- Petra Lembke – Die Psychiaterin berichtet zugewandt und brückenschlagend von ihren Erfahrungen mit PatientInnen mit DIS.
- Friederike Säuberlich – Schwerpunkt des Beitrags dieser Sozial- und Milieupädagogin sind besondere Ressourcen gerade bei Traumabetroffenen mit DIS.
- Alfons Strodt – betreut als Seelsorger Überlebende von Ritueller Gewalt. In einem Interview mit ihm geht es um Aspekte, die sonst selten zur Sprache kommen.
- Adelheid Herrmann-Pfandt – Unterschiedliche Formen von Ritueller Gewalt gab es zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte. Die Religionswissenschaftlerin beleuchtet die Frage, inwiefern es auch bei heutigen Tätergruppen religiös-ideologische Momente geben könnte. Diese Frage ist durchaus auch relevant für die Unterstützung von AussteigerInnen.
- Ralf Kownatzki – Ein Bericht über die Ergebnisse empirischer Untersuchungen (2005) bei PsychotherapeutInnen bzw. Beratungsstellen in Nordrhein-Westfalen und im gesamten Bundesgebiet zum Thema Rituelle Gewalt
- Becker/Karriker/Overkamp/Reutz – Nuancierte Darstellung zur Konzeption und zum Ablauf des "Extreme Abuse Survey"-Umfrageprojekts zu extremer Gewalt (2006-2008), an dem insgesamt 2.186 Personen aus 40 Ländern teilgenommen haben. Dieser Beitrag könnte beitragen zur öffentlichen Diskussion dieser wichtigen, in ihrem Umgang bislang einzigartigen Untersuchung.
- Literatur und andere Quellen – Die umfassende, aber teilweise etwas beliebige Liste ist gegliedert in deutschsprachige Diplomarbeiten und Dissertationen, Aufsätze in Fachzeitschriften, Fachbücher und Erfahrungsberichte, Literatur zur Selbsthilfe, Hintergrundinformationen zum Thema "Satanismus", fremdsprachige Literatur, Quellen zum Beweis der Existenz Ritueller Gewalt, Stellungnahmen auf Regierungsebene, Dokumentarfilme und Internetadressen.
- Eine kleine Sammlung mit zeichnerischen/malerischen Zeugnissen Überlebender schließt diese inhaltlich schwergewichtige, dabei durchgängig leicht verständliche Veröffentlichung ab.
PS: Leider wurden im Abschnitt "Erfahrungsberichte" (Seite 292-294) sämtliche Veröffentlichungen von D+T mit erheblichen Schreibfehlern gelistet. So heißt es richtig "Gabi Lummas" (nicht Lammas oder Lemmas: auf Seite 290), "Petra Nürnberger" (nicht Nürmberger), "Rachel, Klaus, Moni, Lars, Habiba, Ben & Laura" (und nicht anders). - Vielleicht gibt es ja eine zweite, durchgesehene Auflage des Buches!