SCHWARZER, Alice (Hg.): Prostitution - ein deutscher Skandal
Alice Schwarzer (Hg.): Prostitution – ein deutscher Skandal. Wie konnten wir zum Paradies der Frauenhändler werden?
(Köln 2013)
Durch die rechtliche Integration der Prostitution ins Arbeitsleben (im Jahr 2002) wurde Deutschland bekanntlich zum Paradies der Bordellbetreiber. Daß dies gleichbedeutend ist mit einem Paradies für Zwangsprostitution, für Frauenhändler, wird in den hier gesammelten journalistischen Berichten aus verschiedensten Blickwinkel belegt. Undercoverbesuche von Journalistinnen im Puff, Interviews mit Prostituierten und Kunden, journalistische Reisen in die Länder des Sextourismus, Berichte von Prostituiertentreffs und Ausstiegshilfen, Hinweise auf Psychotrauma in der Vorgeschichte von Prostituierten, seelische Zerstörungen durch die Prostitution, die Schwierigkeit für Polzei, bei der gegenwärtigen Rechtslage zwangsprostituierte Frauen zu schützen, statistische Daten und vieles andere; die meisten Artikel wurden erstveröffentlicht in der EMMA. – Wer sich ein Bild machen möchte über die aktuelle Situation in Deutschland, kommt um diesen Reader nicht herum.
Eine gute Ergänzung ist:
Lea Ackermann/Inge Bell/Barbara Koelges: verkauft, versklavt, zum sex gezwungen. Das große Geschäft mit der Ware Frau
(München 2005)
Es handelt sich um den Erfahrungsbericht der von Sr. Dr. Lea Ackermann zur Unterstützung von Zwangsprostituierten gegründeten Organisation SOLWODI. Knallhart und nüchtern werden Fakten, Zahlen, Daten, politisch-administrative Zusammenhänge und nicht zuletzt etliche Schicksale von Frauen aus Russland, Litauen, Bulgarien, Benin, Kenia und anderen Ländern referiert. Es geht um die Opfer, die Täter, die Freier, um Entstehung und Entwicklung der Initiative Solwodi in Kenia, zur Arbeit in Deutschland, zur Gründung der Solwodi-Stiftung, zu nationalen und internatinalen Initiativen – aber auch zu individuellen, bürokratisch-strukturellen Behinderungen der Unterstützung von verschleppten, verratenen, betrogenen, verkauften Frauen. Inzwischen gibt es SOLWODI Kenia als eigenständige Nichtregierungsorganisation (NRO) mit Zentrale in Mombasa und diversen Nebenstellen an der Küste. Außer der psychosozialen Betreuung, gesundheitlichen Aufklärung und juristischen Beratung gehört es zu den Aufgaben von SOLWODI Kenia, Prostituierten Berufsausbildungen zu ermöglichen und Mikrokredite für Existenzgründungen zu finanzieren. Zudem entstand 2002 in Mombasa SOLGIDI (Solidarity with Girls in Distress – Solidarität mit Mädchen in Not) für Töchter von Prostituierten. Der Deutschland-Verein von Solwodi hat sechs Landesvereinen und 18 Beratungsstellen. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Betreuung vor allem von Opfern von Menschenhandel und Zwangsprostitution, aber auch Opfern von Beziehungsgewalt sowie von Zwangsheirat bedrohte oder aus Zwangsehen geflohene Frauen und Mädchen. Auch werden traumatisierte Flüchtlingsfrauen und deren Kinder aufgenommen und betreut. - - Und all das entstand aus der Initiative einer einzigen Frau!
Siehe auch bei D+T den Menüpunkt MENSCHENHANDEL.