Opfer der DDR-Heimerziehung erhalten Unterstützung
Für viele der Säuglinge, Kinder und Jugendlichen in den Heimen der DDR gehörten Zwang und Gewalt zum Alltag. Das ist das zentrale Ergebnis des Berichts "Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR", den der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Dr. Hermann Kues, gemeinsam mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren, Dr. Christoph Bergner, und den zuständigen Ministerinnen und Ministern aus den ostdeutschen Bundesländern heute in Berlin vorstellt.
"Das Leid der Betroffenen der Heimerziehung, ob in Ost oder West, berührt alle"
, erklärt der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Hermann Kues. "Nachdem wir den Fonds Heimerziehung West eingerichtet haben, ist es mir auch ein persönliches Anliegen, dass wir nun denjenigen helfen, die unter der Heimerziehung in der DDR gelitten haben. Der heute vorgestellte Bericht ist ein erster Schritt zur Aufarbeitung dieses Kapitels in der Geschichte der DDR. Der nächste wichtige Schritt ist die Einrichtung des Fonds ‚Heimerziehung in der DDR in den Jahren von 1949 bis 1990‘ zum 1. Juli dieses Jahres. Damit können wir das Unrecht nicht ungeschehen machen. Aber beide Fonds können den Betroffenen helfen, die Folgen dessen, was sie in den Heimen erlebt und durchlitten haben, zu mildern oder zu überwinden."
Auf der Grundlage des Berichts "Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR" kommen die Bundesregierung und die ostdeutschen Länder zu der Einschätzung, dass
- Zwang und Gewalt für viele Säuglinge, Kinder und Jugendliche in DDR-Heimen eine alltägliche Erfahrung waren
- in den Spezialheimen der Jugendhilfe allgemein die Menschenrechte verletzt und den Betroffenen Bildung verweigert wurde. Außerdem wurden sie zur Arbeit gezwungen
- die Erlebnisse in den Heimen zu massiven Beeinträchtigungen der Lebenschancen und Entwicklungspotentiale der Betroffenen geführt haben, die über den Heimaufenthalt hinaus bis heute nachwirken
- viele Betroffene an den Spätfolgen, schlechten beruflichen Chancen, Stigmatisierungen und psychischen Traumatisierungen leiden.
Die Bundesregierung und die ostdeutschen Länder wollen den Betroffenen Hilfe bei der Bewältigung von Folgen der Heimerziehung und deren Aufarbeitung anbieten. Dazu soll ein Hilfesystem nach dem Vorbild des Fonds Heimerziehung West geschaffen werden. Der Bund und die ostdeutschen Länder werden für den geplanten Fonds insgesamt 40 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Damit sollen u. a.Anlauf- und Beratungsstellen in den ostdeutschen Ländern eingerichtet werden, die den Betroffenen bei der Aufarbeitung ihrer Lebensgeschichte, bei der Suche nach ihren Akten und beim Zugang zu Hilfeleistungen und Rentenersatzleistungen aus dem Fonds helfen. Ein kostenloses Infotelefon gibt den Betroffenen zudem Auskunft über die zuständigen Informationsstellen in den Ländern (Tel. 0800 / 100 49 00).
Dazu die sächsische Staatsministerin Christine Clauß:
Bund und neue Länder haben heute in Berlin einen umfassenden Bericht zur Heimerziehung in der ehemaligen DDR in den Jahren 1949 bis 1990 vorgelegt. Sie folgten damit einem Auftrag des Deutschen Bundestages. Sachsens Sozialministerin Christine Clauß begrüßt die Vorlage des Berichtes: »Der Wissenszuwachs, den wir heute erhalten haben, bildet ein solides Fundament für die nun folgenden Schritte«, so die Ministerin. Die Bereitstellung konkreter Hilfeleistungen und Unterstützungsmöglichkeiten für die Opfer der DDR-Heimerziehung, die aufgrund dauerhafter Schädigungen noch heute unter den Entbehrungen ihrer Kindheit oder Jugend leiden müssen, könne nun zügig Umsetzung finden. Der Bund und die ostdeutschen Länder arbeiten derzeit an der Errichtung eines gemeinsamen Fonds »Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990«, in den 40 Millionen Euro für Hilfeleistungen und Rentenersatzzahlungen einfließen sollen. »Das ist wichtig, denn die Bereitstellung von Hilfen und Unterstützungen wird von den Betroffenen dringend erwartet. Fast täglich gehen in meinem Haus Anrufe und Briefe von ehemaligen Heimkindern der DDR ein«, stellt Christine Clauß fest. Die Berichte über menschenverachtende Handlungen gegenüber schutzbedürftigen Kindern und Jugendlichen in dem nun vorgelegten Bericht haben die Ministerin sehr betroffen gemacht. Der Alltag der Kinder und Jugendlichen in vielen Heimen der DDR sei von Missachtung elementarer menschlicher Bedürfnisse, Demütigung sowie seelischer und körperlicher Misshandlung bestimmt gewesen. Mit dem Bericht habe sich leider gezeigt, dass »die furchtbaren Geschehnisse im Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau nur die Spitze des Eisberges waren«, konstatiert die Ministerin. Als Gesellschaft seien wir gefordert, nicht die Augen davor zu verschließen, was sich in den Heimen der DDR zugetragen hat. Der Freistaat Sachsen werde daher so schnell wie möglich eine Anlauf- und Beratungsstelle einrichten, die den Bedürfnissen der betroffenen Menschen gerecht wird und ihnen Raum für Gespräche, Rat und Aufarbeitung gibt, betonte Ministerin Clauß.
Rückfragen an Pressesprecher Ralph Schreiber: