Sexueller Mißbrauch als Thema einer Choreographie
Stela Korljan bringt das Thema Missbrauch auf die Bühne und plant mit neuer Tanz Company eine interkulturelle Veranstaltungsreihe.
„Ich denke, der Grund dafür, weshalb Tanz eine zeitlose Magie auf die Welt ausübt, liegt darin, dass er Symbol für das Leben ist.“ Das schrieb einst Martha Graham, die große Pionierin des modernen Tanzes, die in den 20er- und 30er-Jahren diese Bewegungsdisziplin auf völlig neue Beine stellte. Und über eines ihrer Stücke sagte sie: „Es geht um die Tragödie, die einen Körper heimsucht.“
Missbrauch ist eine dieser Tragödien. Stela Korljan, Choreografin und ehemalige Ballett-Chefin des Flensburger Landestheaters, nähert sich mit einer interkulturellen Veranstaltungsreihe diesem sensiblen Thema an. Das Auftaktprojekt ist übertitelt mit der unmissverständlichen Feststellung „Mein Körper gehört mir“.
Die von Stela Korljan neu formierte Theatergruppe „Le belle Montage“, die aus einem Dutzend Frauen zwischen 16 bis 70 Jahren besteht, versucht sich mit seit Monaten andauernder Probenarbeit an der Umsetzung. Die Laiendarsteller müssen sich zu diesem Zweck mit Gewalterfahrungen körperlicher, häuslicher, sexueller sowie psychischer Art auseinander setzen. Das Ergebnis ist nicht nur buchstäblich bewegend – es geht unter die Haut.
„Ein Körper kann nicht lügen“, sagt Stela Korljan, die als freischaffende Regisseurin immer auf der Suche nach aktuellen Themen ist. So beschäftigte sie sich mit dem Stück „130“, in dem sie ebendiese Anzahl an Nationalitäten auf die Bühne brachte, mit der Flüchtlingsproblematik. „Und Missbrauch ist ein ebenfalls politisches Thema für das Theater“, sagt die 54-Jährige, „das öffentlich gar nicht präsent genug sein kann. Wir wollen ein Sprachrohr sein.“
Mit dem Projekt, das vom Gleichstellungsbüro der Stadt und der Beratungsstelle Wagemut unterstützt wird, beabsichtigt das Tanztheater auch in Kitas, Schulen und Facheinrichtungen zu gehen. „Uns liegt besonders die Nachhaltigkeit am Herzen“, betont Stela Korljan, „deshalb ist es als eine Veranstaltungsreihe konzipiert. Missbrauch hat so viele Facetten.“
Die am nächsten Sonnabend beginnenden Aufführungen können kostenlos besucht werden. „Wir sind natürlich für Kulturförderung, insbesondere im Bereich der freien Szene immer dankbar“, sagt die Choreographin, dennoch sei ein derartiges Projekt immer ein finanzieller Kraftakt. „Es ist schwer, in einem kleinen Rahmen Großes zu bewegen.“ Deshalb hofft sie auf fortlaufende Unterstützung der Reihe, die sie auch als Präventionsarbeit versteht.
Man darf der Darbietung mit Spannung entgegen sehen. Es wird gesungen, gesprochen und getanzt. Die Körper werden Bilder malen, die weiblichen Darsteller multifunktional eingesetzt: Sie sind mal Mann, mal Frau – Täter und Opfer zugleich.
Aufführungen: 21., 22., 28. und 29. Juni, jeweils 17 Uhr in der Campelle auf dem Uni-Gelände. Danach stehen die Beteiligten für Gepräche zur Verfügung.
Hier ist der Link zum Originalartikel im FLENSBURGER TAGEBLATT vom 31. Mai 2014.