Malen gegen das Trauma - Syrische Künstler im Exil
Rund zweieinhalb Millionen Menschen sind bereits vor dem syrischen Bürgerkrieg in die unmittelbaren Nachbarländer geflohen. Viele Künstler sind darunter, wie Rabee Kiwan, der den Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime in seiner Heimatstadt Daraa miterlebte. Er wohnt heute in Beirut, ob er jemals zurückkehren kann, ist ungewiss. Präsident Assad hat sich gerade mit fast 90 Prozent für eine dritte Amtszeit wiederwählen lassen.
Die Ereignisse haben sein Werk verändert, meint Kiwan. “Vorher drehten sich meine Bilder um allgemeine Themen, gesellschaftliche, psychologische oder persönliche Probleme. Heute sind meine Bilder spezifischer, sprechen bestimmte Ereignisse an und deren Konsequenzen auf die Menschen, auf unsere Umgebung, die Situation, in der wir leben.”
Fadi al-Hamwi stammt aus Damaskus und lebt ebenfalls in Beirut. Die langen Nächte der Angst in seinem Atelier, während um ihn herum geschossen wurde, haben einen tiefen Schock hinterlassen.
“Hier befindet man sich in Sicherheit und kann das tun, was einem beliebt, malen, lesen, schreiben oder arbeiten, und gleichzeitig hört man immerzu diesen Laut. Es ist das Geräusch der Menschen, die sterben, an einem Ort, der einem so nah ist, aber man kann nichts dagegen tun.”
Auch Raghad Mardini stammt aus Damaskus, lebt aber schon seit 2008 mit ihrer Familie im Libanon. 2012 eröffnete sie eine Künstlerresidenz namens "ARA" in Aley, einer östlich von Beirut in den Bergen gelegenen Stadt. Dort finden junge Künstler die Möglichkeit, zu leben und zu arbeiten.
Raghad Mardini: “Wenn sie aus Syrien ankommen, sind viele erschöpft, pessimistisch und niedergeschlagen. Sie sehen kein Zeichen der Hoffnung am Horizont. Dieses Gefühl der Zersplitterung, der Angst und der Verzweiflung, schweißt uns zusammen.”
Sami Daoud ist ein Kunstkritiker und Galeriebesitzer, der im kurdischen Norden des Irak lebt. Er kam als Gast der Aley Kunstresidenz in den Libanon und hielt Vorträge zum Thema Krieg und Kunst an mehreren Universitäten.
Sami Daoud: “Die politischen Kräfte, die sich in den Konflikt in Syrien eingeschaltet haben, verherrlichen Gewalt als etwas Heiliges. Gewalt ist zu einer Art Gott geworden. Und wenn das geschieht, ist das eine Rückkehr zum primitiven Menschen im Urzustand, zur Barbarei. Was die Gesellschaft in dieser Situation verteidigen kann, ist Kunst in all ihren Formen, Fotografie, Skulptur, Poesie. Um die Menschlichkeit der Gesellschaft zu bewahren, den Keim des Menschlichen, damit wir in der Zukunft wieder eine neue zivile Gesellschaft aufbauen können.”
Malen, um das emotionale Trauma zu verarbeiten, für viele Kunstschaffende ist das ein Paradox.
Die Werke syrischer Künstler sind inzwischen in Galerien in der ganzen Welt zu sehen. Vielleicht eines Tages auch wieder in ihrer Heimat.
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