Jüdische Überlebende der Shoah und Trauma (Organisation "Amcha")
Alltag nach der Schoa
Seit 25 Jahren unterstützt Amcha Deutschland Überlebende des Holocaust
JÜDIDSCHE ALLGEMEINE 09.10.2015 – von Alice Lanzke und Karin Vogelsberg
Etwa 193.000 Schoa-Überlebende leben noch in Israel, Tausende in Deutschland – Menschen, die nicht selten bis heute an Traumata leiden. Schwere Depressionen, Angstzustände und Verzweiflung sind psychische Probleme, die oft erst im Alter auftreten. Um die Organisation in Israel zu unterstützen und sich um Überlebende in Deutschland zu kümmern, wurde 1990 in Berlin der Verein »Amcha Deutschland« ins Leben gerufen. Den 25. Jahrestag seiner Gründung beging Amcha mit einer Podiumsdiskussion im Jüdischen Museum Berlin.
»Direkt nach der Befreiung ging es für viele um das Überleben nach dem Überleben: darum, einen sicheren Lebensort zu finden, eine Familie zu gründen, Bildung nachzuholen«, referiert der Psychiater und Psychotherapeut Martin Auerbach. Erst danach hätten sie die Kraft gefunden, sich mit ihrer Biografie auseinanderzusetzen. »Bei vielen kommen die Erinnerungen noch später hoch – nach der Pensionierung, wenn die Kinder aus dem Haus sind oder der Partner gestorben ist.« Der Mediziner ist klinischer Direktor bei Amcha, einer Hilfsorganisation von Überlebenden für Überlebende und deren Nachkommen.
1987 wurde Amcha gegründet, um eine große Lücke zu schließen: Bis dahin gab es kaum psychotherapeutische Angebote in Israel. Mittlerweile betreibt Amcha (»Dein Volk«) 14 psychotherapeutische Zentren im Land, bietet Sozialklubs für ältere Menschen an oder besucht sie zu Hause, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, in die Treffpunkte zu kommen. Allein im vergangenen Jahr wurden so 17.812 Menschen betreut, ihr Durchschnittsalter liegt bei 84 Jahren.
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