Kollektives Trauma, Mystik und Integration
Kollektives Trauma, Mystik und Integration – Thomas Hübl im Gespräch
Thomas, was ist das Wesen von Trauma, und in welcher Beziehung dazu steht die Mystik?
Thomas Hübl: Das Thema Trauma ist von besonderer Relevanz in der Bewusstseinsevolution. Evolution ist Bewegung. Trauma wirkt als bremsende Kraft. Wenn wir inspiriert sind, wenn wir etwas Neues herausfinden und frische Einsichten haben, wenn wir kreativ sind, wenn wir gemeinsam in einen interessanten Dialog gehen, wird Bewegung angeregt und wir kommen intensiver in den Fluss. Treffen diese Anregungen oder Anforderungen jedoch auf ein traumatisiertes Areal, passiert das Gegenteil:
Es entsteht Angst, Konfusion, Überaktivierung, Rückzug, Eskalation etc. Dieser Mechanismus hat sowohl in der persönlichen Entwicklung des Einzelnen als auch für die Beziehung zu anderen Menschen und im kollektiven Miteinander erhebliche Auswirkungen. Erfahrungsfähigkeit, Beziehungsfähigkeit und Verarbeitungsfähigkeit sind eingeschränkt.
Neben unvorhergesehenen Begebenheiten, die zu traumatischen Schockreaktionen führen können, ist Trauma für die meisten Menschen etwas, das aus einer nicht adäquaten Beziehung und /oder einer überwältigenden Erfahrung entsteht und nicht erlöst werden kann.
Im Trauma ist unser Organismus überfordert. Es gibt eine Überladung von der Erfahrung, die nicht verarbeitet werden kann. Durch die Überlastung des Nervensystems reduziert der Organismus seine Sensitivität. Es gibt also eine Hyperaktivität und zugleich eine bremsende Aktivität. Sich weiterbewegen zu wollen und gleichzeitig energetisch auf der Bremse zu stehen, das ist das Wesen von Trauma.
Die Mystik begreift Trauma als gefrorene Vergangenheit. Sie geht davon aus, dass die Vergangenheit nicht das ist, was im Sinne einer Zeitlinie gestern passiert ist, sondern das, was vom Gestern noch unerledigt ist und deshalb heute immer noch unser Leben beeinflusst. Ein Päckchen also, das ein Mensch mit sich herumträgt, welches seine Entscheidungen und Beziehungen mitbestimmt und ihn zumindest subtil fortwährend beschäftigt. Im Fernen Osten nennt man das Karma. Wir nennen es hier Trauma. Aber ganz gleich, wie wir es nennen, – es ist ein Phänomen, das in der Gesellschaftsentwicklung und Bewusstseinsevolution eine enorme Tragweite hat.
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Ein lesenswertes Gespräch! Hier der Link zum gesamten Text (auf mystica.tv am 19. Juni 2017).