Betablocker bei PTBS ?
Betablocker bei Traumatherapie wirksam?
Eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) kann ausgelöst werden, wenn sich der Mensch einer Situation hilflos ausgeliefert fühlt. Dies kann beispielsweise bei schweren Unfällen, sexuellem Missbrauch und anderen Gewaltverbrechen, Naturkatastrophen oder Kriegserfahrungen geschehen. Das größte Problem dabei ist, dass bei einem Trauma die damit verbundenen Gedanken, Gefühle und Verhaltensmuster nicht auf gewohnte Weise in das Gedächtnis eingeordnet werden können. In der Folge werden die unvollständig zugeordneten Erinnerungen immer wieder zwanghaft hervorgerufen; sogenannte Flashbacks entstehen. Auch die Gefühle, die zum Zeitpunkt des Traumas angemessen gewesen wären, aber nicht ausgelebt werden konnten, überfluten die Betroffenen später in allen möglichen Situationen.
Cortisol und Propranolol könnten Traumatherapie unterstützen
Sich dem Trauma zu stellen, verlangt Betroffenen eine Menge ab. PTBS-Patienten versuchen meist, den Erinnerungen auszuweichen, und so geht es ihnen in den ersten Wochen einer Traumtherapie meist zunächst schlechter als vorher. Deshalb suchen Forscher schon seit Jahren nach Medikamenten, die den Patienten eine Unterstützung bieten können. Einer der Wirkstoffkandidaten ist das Stresshormon Cortisol, ein anderer der Betablocker Propranolol.
Die Theorie: Da Propranolol die Gedächtniskonsolidierung beeinträchtigten kann, soll die Substanz – sofort nach einem traumatischen Erlebnis angewandt – verhindern, dass sich das Erlebte ins Gedächtnis einbrennt. Doch Studien dazu lieferten bisher widersprüchliche Resultate. Ein Grund dafür könnte sein, dass eine schnelle Therapie häufig nicht realisierbar ist, denn die meisten Patienten suchen erst nach längerer Zeit einen Therapeuten auf. Bisher hat es daher noch kein Wirkstoff zur Behandlung von PTBS in den klinischen Alltag geschafft.
Studie zeigt positive Ergebnisse bei Traumatherapie
Nun haben Forscher Propranolol im Rahmen einer Reaktivierungstherapie eingesetzt. Dabei soll das Erlebte in einem sicheren Umfeld erneut abgerufen und neu verortet werden. Die Erinnerung wird also nicht gelöscht, soll aber ihre Bedrohung in der Gegenwart verlieren, wenn es gelingt, sie klar an einen anderen Ort in der Vergangenheit zu koppeln. Für die placebokontrollierte Studie wurden 60 Trauma-Patienten über sechs Wochen lang einer solchen Reaktivierungstherapie unterzogen.
Die Probanden sollten in den ersten Sitzungen ihre schlimmsten Erlebnisse in Bezug auf das Trauma im Präsens und aus der Ich-Perspektive aufschreiben und anschließend laut vorlesen. Dabei sollten sie sich vorstellen, sie befänden sich mitten im Geschehen. In den nachfolgenden Sitzungen wurden die Patienten gefragt, ob sie an ihrem Bericht etwas ändern möchten, anschließend sollten sie das Notierte erneut laut vortragen. 90 Minuten vor jeder Reaktivierung bekam die eine Hälfte der Teilnehmer Propranolol, die andere ein Placebopräparat.
In beiden Gruppen zeigte sich eine hohe Wirksamkeit der Reaktivierungstherapie. Allerdings lag diese in der Propranololgruppe noch etwas höher. In der Per-protocol-Analyse traten die Unterschiede noch deutlicher zutage. So verbesserte sich der CAPS-Wert unter Propranolol um 38 Prozent, unter Placebo hingegen nur um 13 Prozent.
Propranolol verstärkt Effekte der Reaktivierungstherapie
Noch größere Unterschiede ergaben sich in der Selbstbeurteilung der Patienten mit der PCL-SSkala: Unter Placebo blieb der Wert weitgehend konstant, mit Propranolol fiel er im Laufe von sechs Wochen um mehr als die Hälfte. Sechs Monate nach der Intervention hatten sich die Werte in der Placebogruppe wieder verschlechtert und lagen fast auf dem Ausgangsniveau; dagegen waren sie in der Propranololgruppe konstant niedrig geblieben. Offenbar hatte die Therapie nur mit Propranolol einen nachhaltigen Effekt. Nach Auffassung der Studienautoren kann Propranolol somit die Wirkung einer Reaktivierungstherapie deutlich verbessern und die Stärke der belastenden Erinnerungen dauerhaft abschwächen.
Eine Schwachstelle der Studie war die hohe Abbruchrate: Nur die Hälfte aller Patienten in beiden Gruppen hielt sechs Wochen lang durch. Immerhin zeigten sich die Effekte auch in der Intention-to-treat-Analyse, was die Wirksamkeit der Propranolol-Behandlung unterstützt. Mit Vorsicht muss jedoch die Auswertung nach einem halben Jahr betrachtet werden, da sich nur noch wenige Patienten aufspüren ließen.
Autorin: Anne Volkmann
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Quelle: gesundheitsstadt berlin