Fallstudie zu sexuellem Kindesmissbrauch in der DDR (UKASK)
Im Zentrum der Fallstudie stehen die Betroffenen mit ihrer Geschichte. Diese haben eindrücklich in vertraulichen Anhörungen und schriftlichen Berichten die Gewalterfahrungen und den sexuellen Missbrauch in Institutionen und in der Familie geschildert. Bis heute können viele Betroffene nicht über das Erlebte sprechen, denn das Thema sexueller Kindesmissbrauch war in der DDR stark tabuisiert. Zudem bedeutete der Aufenthalt in einem Heim eine Stigmatisierung, die zum Teil bis heute anhält.
Die Betroffenen berichten von sexueller Gewalt in der Familie, dem sozialen Umfeld oder in Institutionen. Als Institutionen benannten sie vor allem Heime und Jugendwerkhöfe, aber auch Schule, Musikschule oder die Freizeiteinrichtung der Pioniereisenbahn. Kinder und Jugendliche versuchten oftmals der sexuellen Gewalt und den Misshandlungen zu entfliehen. Doch Flucht- oder Suizidversuche führten in der Folge häufig zur Verlegung in restriktivere Heime bis zu den geschlossenen Jugendwerkhöfen. Eine „Eskalation der Heimkarriere“ und die sexuelle Gewalt in den Einrichtungen bedingten sich durchaus wechselseitig: Je geschlossener der Kontext, umso wahrscheinlicher kam es zu sexueller Gewalt.
Zudem hatte die Familie in der DDR eine besondere Stellung: Sie musste den ideologischen Auftrag des gesellschaftlichen Erziehungsgedankens erfüllen. So beschreiben Betroffene eine Art der familiären Schweigepflicht, die es ihnen nicht möglich machte, über sexuelle Gewalt zu sprechen. Nach außen musste der Schein der glücklichen Musterfamilie gewahrt werden.
Bei der Auswertung der Berichte wurden auch das sozialistisch geprägte Menschen- und Familienbild der DDR sowie die Frage der Lebensführung vor und nach der Wiedervereinigung mit einbezogen.
Die Fallstudie „Sexueller Kindesmissbrauch in Institutionen und Familien in der DDR“ zum Download.